05. August 2022

Foto: Darko Todorovic

Ich wollte mir selbst etwas beweisen.

Wenn du's nicht machst, weißt du nie, ob du es geschafft hättest.

Mit festem Händedruck begrüßt mich eine junge Frau Anfang 20, nimmt gegenüber am Tisch Platz und lacht fröhlich. Mit ihrem ersten Satz ist klar: sie weiß, was sie will. Für Antigone stand bereits in der Berufsschule fest, Lehrerin will sie werden und Lehrlingen Freude an ihrer Arbeit vermitteln. „Ich hatte so eine tolle Lehrerin in der Berufsschule. Ich wollte genau das machen, was sie macht. An meinem Arbeitsplatz merkte ich jedoch, es sind mir Grenzen gesetzt. Doch ich wollte unbedingt mehr wissen, mehr lernen und dieses Wissen auch den Menschen in meiner Umgebung weitergeben. Eine Lehre mit Matura ist sich einfach nicht ausgegangen. Doch ich dachte mir, dann mach die Matura eben später, damit mir alle Wege offenstehen.“


Also sparte Antigone genügend Geld zusammen, um sich ihren Traum selbst finanzieren zu können. „Ich finde, wenn du dir das selbst bezahlst, gehst du ganz anders an die Sache ran. Das ist dein Geld, viel Geld. Da ist dann schon eine gewisse Ernsthaftigkeit dabei. Wobei der Spaß natürlich nicht zu kurz kommen darf. Und Spaß hatten wir definitiv.“


Antigone meldete sich zum Tageslehrgang beim BFI an. „Anfangs war es sehr stressig für mich. Ich musste immer wieder früher gehen, damit ich rechtzeitig zur Arbeit komme. Aber irgendwie schafft man das dann doch alles.“ Keine Zweifel? Keine „jetzt-schmeiß-ich-das-Handtuch“-Gedanken? „Nein, zu keinem Zeitpunkt. Ich wollte das zu Ende bringen. Ich hätte niemals einfach so aufgegeben. Ich hab mich damit motiviert, dass mir dann alle Wege offenstehen und wollte Vorbild für meine fünf Geschwister sein. Ich bin arbeiten gegangen, habe gekocht, meinen Geschwistern bei der Hausübung geholfen, am Abend manchmal bis Mitternacht gelernt. Das hat bei meinen Geschwistern etwas angeregt. Wenn du’s nicht machst, weißt du nie, ob du das geschafft hättest. Ich wollte mir selbst etwas beweisen.“


Den guten Zusammenhalt in der Klasse beschreibt Antigone immer wieder – dafür sei sie unendlich dankbar. Aber auch das Verhältnis zu den Lehrpersonen habe sie gestärkt. „Die Lehrpersonen waren sehr angenehm. Sie haben uns nicht mit Stoff überhäuft. Sie haben uns wunderbar begleitet und waren auch während der Ferien erreichbar. Wir haben den Lehrenden vertraut und alles einfach so genommen, wie es war. Und das war gut so.“


Und jetzt? „Nun schließe ich noch BWL ab. Dann gehe ich die nächsten Schritte Richtung Lehramt. Mir ist es aber auch wichtig, dass ich künftig Lehrlinge unterstützen kann. Ich will verhindern, dass sie ausgenützt werden. Viele Lehrlinge kennen ihre Rechte nicht. Bildung hilft, dass man weiß, wie man zu seinen Rechten kommt. Lehrlinge sind unsere Arbeitskräfte von morgen. Man muss ihr Potential erkennen und sie motivieren – und vielleicht auch beim Weiterlernen unterstützen. Und was ich noch festhalten möchte: Ich empfehle allen, Bildungskarenz in Anspruch zu nehmen und nicht aufzugeben. Ein Jahr ist so schnell vorbei und dann stehen dir alle Wege offen.“